Laudatio auf Gerhard Ehninger, Erich Kästner-Preisträger 2017

von Sebastian Krumbiegel

 

Wir leben in bewegten Zeiten, in denen wir Menschen wie Gerhard Ehninger dringend brauchen. Menschen, die sich klar gegen Rassismus aussprechen, Menschen, die sich für eine offene, kulturvolle Gesellschaft stark machen, Menschen, die aber auch für Verständigung „zwischen den Fronten“ stehen. Das ist eine Gratwanderung, denn einerseits sollte man sich hüten, alle, die die AFD gewählt haben oder alle, die Montag Abend durch Dresden spazieren, als Nazis oder Rassisten zu bezeichnen, andererseits muss man aber auch klar stellen, dass die, denen diese Menschen folgen, gefährliche rechtspopulistische Inhalte verbreiten.

Die letzten Wahlergebnisse haben gezeigt, dass nicht nur, aber auch, oder vielleicht sogar vor allem in Sachsen in der Vergangenheit Fehler gemacht worden sind. Die Sachsen sind eben nicht immun gegen Rechtsextremismus, wie Kurt Biedenkopf einst sagte. Die sprichwörtliche Blindheit auf dem rechten Auge, das Totschweigen der Probleme mit Neonazis, nicht nur am 13.Februar, der Ruf des Landtagspräsidenten nach mehr „nationalen Wallungen“ – all das hat die so genannten Patrioten von PEGIDA und die AFD erstarken lassen, und es ist wichtig, dass Persönlichkeiten wie Gerhard Ehninger die Zeichen der Zeit erkannt und sich diesen Strömungen rigoros entgegengestellt haben.  

Professor Gerhard Ehninger ist angetreten, den Finger in die Wunde zu legen – nicht, weil er ein Nestbeschmutzer ist, sondern weil er weiß, dass man Missstände nur beheben kann, wenn man offen darüber spricht und nicht, wenn man Probleme unter den Teppich kehrt.

„An allem Unfug der passiert, sind nicht etwa nur die schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern.“

Erich Kästner hat damit den Nagel auf den Kopf getroffen und genau das gemeint, was wir heute als Signal aus Dresden, der sächsischen Landeshauptstadt hinaus senden wollen in die große, weite, bunte Welt. Wir wollen nicht die Probleme klein reden, wollen die beunruhigenden Alarmsignale aus Dresden, Bautzen, Freital oder Heidenau nicht ignorieren.

Wir wollen heute zeigen, dass es in Sachsen mehr und mehr eine Gegenbewegung gibt, dass es in Sachsen Humanität, Völkerverständigung und Gerechtigkeitsdenken gibt, dass es in Sachsen viele Menschen gibt, die wissen, dass unsere Welt genau deswegen bunt, dass unser Leben genau deswegen lebenswert ist, weil wir wissen, dass wir gut daran tun, unsere Herzen zu öffnen und Minderheiten oder eben Schwächeren die Hand zu reichen – und jetzt kommt ein wichtiger Gedanke: die Hand zu reichen, woher sie auch kommen mögen.

Deswegen möchten wir heute allen selbst ernannten Patrioten sagen, dass auch wir Patrioten sind – allerdings nicht vordergründig, was unser Vaterland betrifft, sondern vor allem, was unsere Verfassung, unser Grundgesetz betrifft. Die Würde des Menschen ist unantastbar – nicht die Würde des Deutschen.

Ja – wir leben in bewegten Zeiten, und wir wissen, dass die Demokratie, die uns oft so selbstverständlich erscheint, eine fragile Pflanze ist, die wir hegen und pflegen müssen, sonst kommt sie uns womöglich eines Tages abhanden. Ich weiß, dass ich das auch im Namen unseres Preisträgers sage, und bin froh ihn jetzt hier nach vorn bitten zu dürfen. Meine sehr verehrten Damen und Herren – Professor Gerhard Ehninger!